folgend Zeilen stammen aus einer Broschüre über Klosterlausnitz etwa aus der Zeit um 1910:

Broschüre über Klosterlausnitz etwa aus der Zeit um 1910

"Klosterlausnitz ist ein schlichter, natürlich einfacher Sommeraufenthaltsort. Er liegt durchschnittlich 320 m hoch zwischen den Tälern der Saale und der weißen Elster im "Altenburger Holzlande", dessen Perle er vielfach genannt wird. Von den Eisenbahnen, welche die genannten Flüsse verbinden, durchschneidet die Strecke Jena-Gera die Flur Klosterlausnitz; die Haltestelle Hainspitz der 1905 eröffneten Eisenbahnlinie Jena-Eisenberg-Crossen erreicht man in etwa 1 1/4 Stunde auf prächtigen Waldwegen. Besucht man den Ort mit der Bahn von Gera aus, so gestattet eine Lichtung mitten in den ausgedehnten Wäldern zunächst nur auf Augenblicke eine reizende Aussicht auf den lieblichen Ort mit seiner hochragenden Kirche. Bald darnach erreicht der Zug den mitten im Walde gelegenen Bahnhof "Hermsdorf- Klosterlausnitz". Wir wandern eine Viertelstunde lang auf einer schönen, von hohem Wald umsäumten Strasse eben fort, wenn wir es nicht vorziehen, den neben der Strasse führenden Fußweg einzuschlagen. Da senkt sich die Strasse, und nach wenigen Schritten treten wir in Klosterlausnitz ein. Geradeaus erblicken wir die beiden Türme der herrlichen Klosterkirche. Sie beherrschen durch die hohe Lage des Baues den Ort und seine Umgebung und bilden das eigentliche Wahrzeichen der Gegend. Vierjahrhunderte hindurch bestand bloß ein einsam im Walde liegendes Kloster Lausnitz. Dem Orte Klosterlausnitz begegnen wir in der Geschichte erst im Anfange des 16. Jahrhunderts; seine Entwickelung begann mit der als Folge der Reformation herbeigeführten Auflösung des Nonnenklosters. Nur wenige Häuser von Klosterlausnitz liegen in einer Niederung, sie umstehen den von klarem Bachwasser gespeisten Klosterte1ch. Eine von prächtigen, breitkronigen Linden beschattete Allee begleitet sein Ufer, die beiden Türme des höher liegenden Gotteshauses spiegeln sich in seinem Wasser wieder. Auf der Hochfläche, die sich sanft gegen diese N1ederung des zur weißen Elster fließenden Raudenbaches neigt, liegt der bei weitem größte Teil des Ortes. Der köstliche Wald reicht hier in weitem Bogen dicht an die Baugrundstücke heran. Durch seine birkenumsäumten Ränder treten die vier prächtigen Landstrassen von Eisenberg, Jena, Roda und Gera ein. Wer sich auf einer von diesen Strassen Klosterlausnitz nähert, kann eben wegen der hohen Lage des Ortes ein beherrschendes Gesamtbild nicht erhalten. Dass Klosterlausnitz aber so hoch liegt und auch in weiterem Umkreise von bedeutenderen Erhebungen nicht überragt wird, ist gerade sein Vorzug als Luftkurort. In ihn strömt von allen Seiten die erquickende reine Luft der meilenweit ausgedehnten Nadelwaldungen und wenn an heißen Sommertagen so manche "Sommerfrische", die so malerisch tief unten im "romantischen" Gebirgstale liegt, von drückend schwüler Luft umfangen wird - auch dann atmet man hier oben in Klosterlausnitz frei und leicht. Ein weiterer Vorzug ist die Geländebeschaffenheit. Die ganze Gegend ist vorwiegend sanft welliges Hochland, aus meist hellem Sandstein aufgeschichtet. Man findet daher eine große Anzahl bequemer, ebener, nach Regen sehr bald abtrocknender Wege, eine Annehmlichkeit, oder geradezu ein Erfordernis für wenig rüstige, erholungsbedürftige Spaziergänger vorgerückteren Alters, wie auch für kleine Kinder, denen übrigens nichts willkommener ist, als der schöne, reine Sand, den das Gestein an pflanzenentblößten Stellen in erwünschter Menge liefert. Aber es fehlt keineswegs an Abwechslung in der Oberflächengestalt des Altenburger Holzlandes; denn in die Hochfläche schneiden liebliche, teilweise schroffwaldige Täler ein, von frischen Bächen durchflossen, mit saftigem Wiesengrün geschmückt. Auch schilfbewachsene, forellenreiche Teiche finden sich hier und idyllisch gelegene Schneidemühlen. Gar liebliche Landschaftsbilder eröffnen sich dem Naturfreunde beim Wandern durch diese Täler und beim Abstieg in sie herab von waldiger Höhe. Zwei Drittel des Altenburger Holzlandes sind mit Wald bedeckt. Er besteht zum allergrößten Teile aus Nadelholz, aus Fichten und Kiefern, und erfährt hier die sorgfältigste Pflege. Seinen Boden bedecken Heidelbeeren und Preiselbeeren in üppiger Menge, auch Heidekrautflächen findet man, prächtige Farne in zahlreichen Arten und weiche Moospolster in schönster Schattierung vom zartesten Gelb bis zum tiefsten Grün. Aber Abwechslung erfreut. Auch ein schönes Stück Buchenwald gibt es bei Klosterlausnitz mit majestätischen Stämmen von außerordentlich starkem Durchmesser und teilweise außergewöhnlicher Höhe. Die Landstrasse über Köstritz nach Gera führt an diesem vielbesuchten Buchenhaine vorbei, Wer den Klosterlausnitzer Wald betritt, empfindet freudig und anerkennend das Bestreben, den Gästen Annehmlichkeiten aller Art zu bieten: Gut geebnete, trockene Wege, sehr viele bequeme, saubere Ruhebänke, Wegweiser an allen Stellen, an denen ein Irregehen möglich sein könnte. Viel wird auch von der Erlaubnis der Forstverwaltung Gebrauch gemacht, in gewissen Beständen Hängematten zu befestigen zu vollkommenster Ruhe in der Waldesstille. Klosterlausnitz ist ein Marktflecken mit 2300 fast ausschließlich evangelischen Einwohnern. Langgestreckt von Süden nach Norden, wird er in dieser Richtung von der Chaussee Roda-Eisenberg als Hauptstrasse auf 1400 Meter langer Strecke durchzogen. Am Rande des Waldes, den man, vom Bahnhof kommend, durchschreitet, liegt rechts das hochragende Kurhaus, dem sich einige schöne Villen anschließen; zur Linken auf der "Lust" gelegene Villenkolonie. Der jenseits des stattlichen Hotels Herzog Ernst beginnende alte Hauptteil des Ortes besteht aus meist schlichten, doch ab und zu durch hübsche Holzarchitektur ausgezeichneten Gebäuden. In halber Höhe erhebt sich die Klosterkirche, die architektonische Hauptzierde des Ortes, eine kreuzförmige Pfeiferbasilika, die in gewissenhafter Wahrung der alten Formen nach langer Zeit des Verfalles in den Jahren 1863 bis 1866 von Grund auf neu erbaut wurde. Am Markte, auf dem am 3. Pfingstfeiertage der bändergeschmückte hohe "Maibaum" errichtet wird, stoßen die Eisenberger und die Jenaer Strasse zusammen. An letzterer liegt die idyllische herzogliche Oberförsterei. Auf dem ihr nahen höchsten Punkte des Baugeländes (330 m) steht das von der Thüringer Versicherungsanstalt verwaltete Ernst-Agnes-Heim, eine auch im Winter geöffnete Erholungsstätte für (nichtlungenleidende) Genesende. Die Waldungen, in denen Klosterlausnitz liegt, erstrecken sich von Nordost nach Südwest, bei Eisenberg beginnend, fast durch den ganzen Westkreis. Im Süden finden sie ihre Fortsetzung in den großen Forsten des Thüringer Waldes. Infolge der ausgedehnten Wälder steht der Holzhandel in Klosterlausnitz in größter Blüte, weshalb auch dieser Teil des Herzogtums den Namen Holzland trägt. Besonders bezeichnend für diese Gegend ist die Herstellung von Leitern, Rechen, Schubkarren, Schemeln, Schaufeln, Backmulden und dergleichen. Seit länger als 100 Jahren kommen diese Waren überall in Deutschland, vielfach auch im Ausland, zum Verkauf. Sind doch die herumreisenden Holzländer mit ihren großen Leiterwagen eine allbekannte Erscheinung. Die Klosterlausnitzer sind durch diese ausgedehnten Reisen vielfach welterfahrener, als die Bewohner anderer Dörfer. Sie haben einen für jeden Fremden bald erkennbaren, weiten Blick, eine größere Gewandtheit in der Auffassung und zeigen für vieles Interesse, was den Fremden oft in der Unterhaltung fesselt. Infolge der harten Arbeit besitzen die Bewohner eine kräftige, widerstandsfähige Natur, der zugleich eine gewisse Frische und Fröhlichkeit eigen ist. Insbesondere haben die Holzländer, im Verkehr untereinander allerdings oft ein wenig derb, einen kaum versiegenden heiteren Sinn und viel natürliche Begabung zu Spiel und Sang. Jedem Fremden gegenüber ist der Klosterlausnitzer zuvorkommend und zu Auskünften, manchmal in schelmischer Form, gern bereit.

Ernst Piltz, Jena"

zurück